Abstract
In der Ära des Post-Kommunismus ist Lukács’ Verdinglichungstheorie mit einiger Verzögerung wiederentdeckt worden. Als Jürgen Habermas Anfang der 80er Jahre auf die Relevanz dieses Paradigmas aufmerksam machte, forderte er gleichzeitig die Notwendigkeit einer Reformulierung auf einer neuen methodologischen Basis. Diesen Pfad haben inzwischen sein Frankfurter Nachfolger Axel Honneth, Martha Nussbaum u. a. beschritten, ersterer mit internationaler Resonanz. Dabei ist deutlich geworden, dass die Reformulierungsversuche, die angetreten waren, Probleme des Lukács’schen Konzepts zu lösen, neue, schwerwiegende Probleme aufwerfen, vor allem die Transformation von kritischer/radikaler Praxisphilosophie in eine Spielart der Moralphilosophie. In Honneths letztem Diskussionsbeitrag Die Idee des Sozialismus wird sein Konzept sehr konsequent mit einer theoretischen Abrechnung mit dem philosophischen Erbe von Marx verknüpft. In meinem Beitrag möchte ich zeigen, dass Georg Lukács einen ganz anderen Weg gelebten Denkens gegangen ist, seinen alternativen Weg sowie neuere Adaptionen des Verdinglichungsparadigmas skizzieren und abschließend Überlegungen anstellen, ob Honneths Pfad der Abwendung von Marx oder Lukács’ Emphase einer notwendigen Renaissance des Marxschen Ansatzes für das Projekt einer Reaktualisierung der „Idee des Sozialismus“ in unseren Tagen mehr Plausibilität zu beanspruchen vermag. Abschließend versuche ich Fragmente einer aktuellen Phänomenologie der Verdinglichung zu skizzieren.