De Gruyter (
2016)
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Abstract
Im frühgriechischen Denken nimmt die Idee der Abhängigkeit menschlichen Lebens von ihn übersteigenden Mächten eine zentrale Stellung ein; der Mensch wird als weitgehend passiv verstanden. Anders Hesiod: Hinter seinen Erga steht das Bild eines aktiven, gestaltenden Menschen, der die Möglichkeit besitzt, sich für ein bestimmtes Handeln - gut wie schlecht - zu entscheiden. Die Entscheidung trifft sein nous, der "das eigentliche Selbst des Menschen" darstellt. Soll Handeln erfolgreich sein, muss es sich innerhalb der auf klaren Regeln beruhenden dike-Ordnung bewegen; so kann der Mensch seine Zukunft weitgehend selbst gestalten und seine Ziele verwirklichen. Weil er erkennen kann, was schlecht ist, existiert auch kein scheinbar irrational waltendes Schicksal: Er ist nicht mehr nur Verantwortlicher, er ist schuldig an dem durch ihn in Gang gesetzten Geschehen. Vorliegende Untersuchung geht nicht nur dieser neuartigen Sichtweise nach, sondern zeigt auch, dass dem nous die Schlüsselfunktion für die adäquate Rezeption der Erga zukommt, die als Vereinigung unterschiedlicher Gattungen Hesiods bereits in der Theogonie erhobenen Anspruch, neuartige Dichtung zu schaffen, einlöst.