Abstract
This essay examines the earliest reception of Johann Gottlieb Fichte’s Wissenschaftslehre (1794/95) focusing on his notion of consciousness as “Wechselbestimmung”. The adoption of this notion leads to a divergent discussion which casts doubts on the idea of a reliable continuity in the history of reception. At this point in history, Fichte’s readers seem to be interested in a cultural aspect of his philosophical argument that is not discussed by him. Fichte is looking for a way to explain the unity of consciousness in a strictly epistemological sense, whereas his poetically orientated readers identify his concept of conflicting consciousness with a cultural problem. Only Holderlin discusses the logical problem addressed by Fichte, but deliberately transfers it into his poetics. Schiller and Friedrich Schlegel discuss the concept of “Wechselwirkung” in respect of problems within modern culture partially evoking a theory of alienation. They are not interested in Fichte’s epistemological problem, even though it also is central to modern subjectivity in philosophical terms. Der Aufsatz untersucht die fruheste Rezeption der Wissenschaftslehre Johann Gottlieb Fichtes (1794/95) im Blick auf seinen Begriff vom Bewusstsein: die „Wechselbestimmung“. Dabei zeigt die Momentaufnahme ein divergentes bis disparates Bild der philosophischen Diskussion, das zur Geltung kommen soll gegenuber einer idealisierten Auffassung von hermeneutisch zuverlassiger Rezeptionsgeschichte. Es wird gezeigt, dass die ‚Rezipienten‘ sich gewisserma.en fur einen externen Aspekt des Theorems interessieren, das in dem philosophischen Werk nicht Thema ist. Wahrend Fichte mit der in Frage stehenden Einheit des Bewusstseins ein Grundproblem der theoretischen Philosophie diskutiert, behandeln seine poetisch ausgerichteten Leser die „Wechselbestimmung“ eher aus kulturkritischer Perspektive. Allein Holderlin setzt sich mit Fichtes eigentlich gemeintem, logischen Widerspruch auseinander, verschiebt seine Darstellung und ‚Losung‘ jedoch bewusst auf die Ebene seiner philosophischen Dichtung. Schiller und Friedrich Schlegel diskutieren unter „Wechselwirkung“ ein Problem der modernen Kultur, das teilweise Zuge einer Entfremdungstheorie annimmt. Sie gehen nicht auf den epistemologischen Gedankengang Fichtes ein, auch wenn dieser ebenfalls ein typisch modernes Problem behandelt: die Moglichkeit von Gewissheit im Rahmen der Subjektivitatsphilosophie.