Abstract
Elf führende Neurowissenschaftler haben in einem Manifest, das große öffentliche Aufmerksamkeit erregt hat, das Konzept der Willensfreiheit in Frage gestellt. Der Autor verteidigt die Willensfreiheit. Er verortet sie im Sprachspiel verantwortlicher Urheberschaft, welches nur sichtbar wird aus der Teilnehmerperspektive, nicht jedoch aus dem naturwissenschaftlichen, objektivierenden Blickwinkel. Der epistemische Dualismus, der sich aus diesen beiden unterschiedlichen Perspektiven ergibt, erledigt allerdings nicht die ontologische Frage nach der monistischen Verfassung einer den Menschen als Naturwesen einschließenden Welt. Die szientistischen Lösungen dieses Problems werden erörtert. Sie scheitern allesamt an der methodischen Fiktion eines exklusiven „Blicks von Nirgendwo”. Andererseits dispensiert auch die Reflexion auf die lebensweltlichen Grundlagen der naturwissenschaftlich konstituierten Gegenstandsbereiche nicht von der ungelösten Frage, wie der in soziokulturellen Lebensformen verkörperte Geist sich selbst als Produkt der natürlichen Evolution verstehen kann