Peter Lang (
1994)
Copy
BIBTEX
Abstract
Das Problem einer einheitlichen Grundlage alles Bestehenden hat seit jeher eine große Rolle in der Philosophie gespielt und stets auch eine große Ausstrahlung auf die Naturwissenschaft gehabt. Exemplarisch werden verschiedene Entwürfe für eine höherdimensionale einheitliche Feldtheorie diskutiert. -/- Es wird der Frage nachgegangen, was überhaupt unter der „Einheit von Theorien“ zu verstehen ist. Dabei zeigt sich, dass sich zwischen unterschiedlichen Ebenen der „Einheit von Theorien“ unterscheiden lässt. Die „Einheit von Theorien“ kann sich beziehen auf übergreifende Begriffe (z. B. Feldbegriff), auf eine formal mathematische Zusammenfassung unterschiedlicher Phänomene (z. B. im Rahmen der Projektiven Einheitlichen Feldtheorie), auf einen genetischen Zusammenhang von Theorien (z. B. zwischen newtonscher und relativistischer Mechanik), auf ein einheitliches Gesetz zur Erklärung unterschiedlicher Phänomene (z. B. die Maxwelltheorie als Erklärungsgrundlage elektromagnetischer Erscheinungen), aber auch auf einen gemeinsamen Referenzbereich verschiedener Theorien (z. B. phänomenologische und statistische Thermodynamik). -/- Die Verwendung höherdimensionaler Geometrien wirft die Frage nach dem ontologischen Status höherdimensionaler Raum-Zeiten auf. Handelt es sich lediglich um mathematische Formalismen, oder kommt ihnen eine eigene Realität zu? Es zeigt sich, dass beide Interpretationskonzepte ihre Berechtigung besitzen. Spielt etwa bei der Klasse der Projektiven Einheitlichen Feldtheorien (kurz: PUFT) der höherdimensionale Raum die Rolle eines Instruments zur mathematisch eleganten Darstellung, so lassen sich bei der Klasse der Kaluza-Klein-Theorien Eigenschaften ableiten, die als Hinweis auf einen ontologisch eigenständigen Realitätsstatus gedeutet werden können. Folgt man Poppers Realitätskriterium, wonach als real zu betrachten ist, was sich durch physikalische Wirkungen nachweisen lässt, so kann etwa der Einfluss der Extradimensionen auf die Dynamik des physikalischen Geschehens in der vierdimensionalen Raum-Zeit als Hinweis auf deren Realität gedeutet werden. -/- Interessant sind die höherdimensionalen einheitlichen Feldtheorien auch unter dem Blickwinkel der Wissenschaftstheorie. Da sie recht gut dem Modell des Forschungsprogramms im Sinne von Lakatos entsprechen, stellen sie gute Musterbeispiele für theoriedynamische Betrachtungen dar.