Abstract
Die Geschichte der Fundamentalphilosophie, die man „Metaphysik“ nennt, fängt als Metaphysik-Kritik an, die Geschichte der fundamentalphilosophischen, insofern auch metaphysischen Ethik, beginnt dagegen so gut wie ohne jede Metaphysik. John Rawls’ Aufsatztitel „[…] Political, not metaphysical“ trifft schon mehr als zwei Jahrtausende vorher auf die erste als „Ethik“ betitelte Veröffentlichung zu. Paradoxerweise gilt es aber nicht für Rawls’ wichtigste Inspirationsquelle, einen Metaphysikkritiker zwar, der aber seine systematische Ethik ausdrücklich der Metaphysik zuordnet. Damit stehen zwei der bis heute maßgeblichen Muster philosophischer Ethik zu Debatte, das Vorbild einer Ethik ohne Metaphysik, Aristoteles’ Nikomachische Ethik mit dem Prinzip Eudaimonie, und als Muster einer metaphysischen Ethik die Moralphilosophie Kants mit dem Prinzip Autonomie. Nun sind beide Ethiken längst bekannt, so dass es im folgenden nicht um etwas grundsätzlich Neues gehen kann, wohl aber um einige neue Facetten. Zu ihnen gehört die Frage, ob die Situation kontingent ist oder gute Gründe für sie sprechen: dass Aristoteles’ eudaimonistische Ethik metaphysikfrei, Kants autonome Ethik dagegen metaphysisch ist