Abstract
ZusammenfassungDer Internistenkongress von 1949 war Anlass und Arena einer breit wahrgenommenen Kontroverse zu epistemologischen Fragen der Psychosomatischen Medizin. Der Beitrag verortet zunächst den Kongress in der Nachkriegsgeschichte und zeichnet die Verlaufslinien der Debatte nach. Dabei werden sowohl die Positionen der Sprecher der Psychosomatischen Medizin – Viktor von Weizsäcker und Alexander Mitscherlich – als auch diejenige von Paul Martini, der auf Basis seiner Methodologie klinischer Forschung grundsätzliche Kritik äußerte, rekonstruiert. In einem zweiten Schritt werden die jeweils unterschiedlichen Auffassungen von Kausalität, Evidenz und Subjektivität herausgearbeitet und kontextualisiert. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf dem konkreten und expliziten Gebrauch dieser Begriffe bei Martini. Schließlich zeige ich, dass diese Ereignisse im Jahr 1949 als Kulmination einer fortdauernden Kontroverse über wissenschaftliche Evidenz in der klinischen Medizin gelesen werden können, die sich mit ihren Beteiligten und Bezugsebenen über mehrere Jahrzehnte erstreckte.