Abstract
2012 erklärte das Landgericht Köln die religiöse Vorhautbeschneidung eines muslimischen Jungen zu einer strafbaren Körperverletzung. Nachdem das Urteil öffentlich geworden war, entbrannte in deutschen Tages- und Wochenzeitungen eine emotionale und lautstarke Kontroverse, die schließlich auch im Deutschen Bundestag geführt wurde. Im Beitrag werden die Argumentationen von BeschneidungsgegnerInnen, die aus medizinischer, psychoanalytischer und strafrechtlicher Perspektive sowohl in wissenschaftlichen Fachzeitschriften als auch in überregionalen Tageszeitungen veröffentlicht wurden, kritisch diskutiert und eingeordnet. Im Zentrum steht die Frage, wie BeschneidungsgegnerInnen einen Diskurs erzeugten, dessen Ziel es ist, dass der Bundestag legislativ biopolitisch handeln soll. Die Forderung nach einem Verbot der jüdischen und muslimischen Körperpraxis – die die Jungenkörper „gefährde“ – kann somit als Versuch interpretiert werden, die Praxis und letztlich auch die Praktizierenden zu exkludieren.