In Julia Gruevska (ed.),
Körper Und Räume. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. pp. 223-244 (
2019)
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Abstract
In der Großstadt kann man nicht dichten – zu dieser Äußerung lassen sich nicht erst Autoren in den molochartigen Industriestädten des 19. Jahrhunderts hinreißen, vielmehr handelt es sich hierbei um einen beharrlichen Topos seit der Antike: „Wer zur Zunft der Dichter zählt, liebt die Waldesstille und flieht die Großstadt; er fühlt sich als Schützling des Bacchus, schwärmt mit ihm für Schlummer und bergenden Schatten: du willst, ich soll inmitten des Lärms, der Tag und Nacht durchtobt, die Leier stimmen und mit innerlicher Sammlung den Spuren heiliger Sänger nachwandeln?“, fragt bereits Horaz in seinen Sermones und Episteln. Im ständigen Rauschen der Stadt verhallt der dichterische Anruf der Musen unerhört, die Leier, seit jeher Symbol der Lyrik, bringt allenfalls Misstöne hervor und trägt so zum ewigen Geräusch der Großstadt bei.