Abstract
Im Beitrag von Geert Keil geht es um das Verhältnis zwischen Philosophie und Naturwissenschaft. Keil geht der Frage nach, inwiefern Rortys frühes Eintreten für den Eliminativen Materialismus mit seinen entspannten Auffassungen zum Status der Wissenschaften vereinbar ist. Allgemein sieht Rorty die Wissenschaften als eine Reihe etablierter sozialer Praktiken an, als Werkzeuge, mit bestimmten Teilen der Welt zurechtzukommen. Dieses pragmatistisch-instrumentalistische Wissenschaftsverständnis steht in auffallendem Kontrast zu der Rolle, die den Naturwissenschaften im Rahmen des Eliminativen Materialismus zufallen soll. Dieser Lösungsvorschlag für das Geist/Materie-Problem ist eine Reaktion auf die begrifflichen Schwierigkeiten einer Reduktion mentaler auf physische Phänomene. Der Eliminative Materialismus propagiert eine Abschaffung der alltagspsychologischen Rede von mentalen Zuständen und ihre Ersetzung durch neurowissenschaftliche Theorien. Es liegt eine gewisse Ironie darin, daß diese szientistische Extremposition in den 60er Jahren gerade von den Anything goes-Kulturalisten Rorty und Feyerabend auf den Weg gebracht wurde. Doch Keil zufolge liegt in der Ironie eine Wahrheit: Wer wie Rorty und Feyerabend voraussagt, daß das materialistische Idiom sich nicht aufgrund besserer Argumente, sondern aufgrund außerwissenschaftlicher Faktoren (Propaganda und Gewöhnung) kulturell durchsetzen wird, erwartet von der Wissenschaft keinen Erkenntnisfortschritt, sondern eine Kulturrevolution.