Abstract
Im Weltkrieg 1914–1918 spielten geistliche Lieder eine nicht unerhebliche Rolle in konträrer Stoßrichtung. Einerseits diente Martin Luthers Ein feste Burg ist unser Gott der mentalen Aufrüstung an der Front wie in der Heimat, andererseits wurde am ersten Kriegs-Weihnachten 1914 durch Liedersingen ein spontaner Waffenstillstand der Soldaten ausgelöst. Hierbei soll das als Volkslied verbreitete Stille Nacht, heilige Nacht eine zentrale Rolle gespielt haben. Der Beitrag spürt zunächst dem Phänomen Christmas Truce als durch Liedersingen ausgelöstem Waffenstillstand als Widerstand der Soldaten nach. Kontrastierend dazu werden dann die soldatischen Bildpostkarten in den Blick genommen, welche Kirchenliedmotive zur mentalen Aufrüstung nutzten. Schließlich ist das Reformationsjubiläum 1917 Thema mit seiner inflationären Verwertung von Luthers Ein feste Burg. Namentlich vorgestellt wird die Schrift von Wilhelm Nelle dazu mit dem Untertitel Das Heldentum in Luthers Liedern.