Abstract
Derältere (tschechische) Strukturalismus sprengt den formalistischen Horizont und fragt nach dem Zusammenhang von Kunst und (gesellschaftlichem) Leben. Beim Versuch, das „Ästhetische“ unter dieser Fragestellung zeichentheoretisch zu präzisieren, gelingt J. Mukařovský zwar die Beschreibung der ästhetischen Differenz als Selbstrückwendung des „ästhetischen Zeichens“ (Kunstwerk) auf seine eigene Phänomenalität, nicht aber eine kongeniale Bestimmung der „ästhetischen Funktion“, die — genau genommen — unspezifisch und widersprüchlich ausfällt. Den Gewinn der hermeneutischen Wende gibt derneuere (französische) Strukturalismus mit C. Lévi-Strauss — in systematisch irreführender Orientierung an der Phonologie — zugunsten eines gegenhermeneutischen Strukturbegriffs wieder preis. Andererseits tritt die von Mukařovský herausgestellte Eigenart der phänomenalen Selbstrückwendung des ästhetischen Zeichens in der strukturalen Konzentration auf seine „Vielschichtigkeit“ zwar — vor allem durch R. Jakobson — vollends in den Vordergrund, dabei gerät aber zugleich die (von Mukařovský angestrebte) Sinnexplikation des Poetischen bzw. Ästhetischen ganz aus dem Blick. Konkurrierende Theorien — insbesondere dermaterialistischen, psychoanalytischen undhermeneutischen Schule — haben, wie die Schlußbemerkung zeigt, zwar wesentliche Interpretationsgesichtspunkte, aber nichts hinreichend Spezifisches zur Bestimmung des ästhetischen Charakters der Literatur beigebracht. — Alles in allem eine offene Bilanz.