Abstract
Bei Chinas zivilen internationalen Wissenschaftskollaborationen im Weltraum zeigt sich eine auffällige Divergenz. Die Nationale Raumfahrtbehörde hat beim Aufbau der chinesischen Raumstation Tiangong die bestehenden Kanäle der Vereinten Nationen genutzt und viele internationale Partner langfristig in Planung und Umsetzung des Programms eingebunden. Ähnliches gilt für das Beidou-Satelliten-Navigationssystem. Im Gegensatz hierzu wurden im Zuge der Aktivitäten rund um die geplante Mondforschungsstation Kanäle der Vereinten Nationen vermieden und stattdessen bilaterale Diplomatie und intransparente Kommunikationswege genutzt. Während die bilaterale Zusammenarbeit mit Russland eng verläuft, ist es der chinesischen Raumfahrtbehörde bislang nicht gelungen, weitere Partner für die Mondforschungsstation zu gewinnen. Die abweichenden Kooperationslogiken stellen ein interessantes Puzzle für die Forschung zu internationaler Weltraumpolitik dar. Welche Faktoren stehen hinter den abweichenden Verhaltensmustern in der Weltraumdiplomatie? Wie kann die Koexistenz von Praktiken institutionalisierter multilateraler Zusammenarbeit einerseits und Bereichen der strategischen bilateralen Kooperation andererseits erklärt werden? Eine Erklärung liefert die Varianz der internationalen Regime, Organisationen und Verträge, die in unterschiedlichen Gebieten im Weltraum wirksam sind. Wir argumentieren, dass die „institutionelle Dichte“ eine intervenierende Variable darstellt, die strategische Ansätze und Praktiken wissenschaftlicher Zusammenarbeit im Weltraum beeinflusst, welche wiederum die Konfiguration von Raumfahrtprogrammen und -infrastrukturen mitprägen.