Abstract
Zum Hirntod werden zwei Fragen erneut kontrovers diskutiert: erstens, ob der Hirntod mit dem Tod gleichzusetzen ist, zweitens, wie man den Hirntod sicher diagnostiziert. Neue empirische Erkenntnisse erfordern eine neue Auseinandersetzung mit diesen Fragen: Erstens haben zahlreiche Studien ein längeres Überleben und die Integration von Körperfunktionen von hirntoten Patienten nachgewiesen. Der President's Council on Bioethics hat im Dezember 2008 eingestanden, dass die bisher vertretene Begründung für das Hirntodkriterium, nämlich die Annahme des engen zeitlichen und kausalen Zusammenhangs des Hirntodes und der Desintegration der körperlichen Funktionen, empirisch widerlegt sei. Trotzdem hält der Council am Hirntodkriterium fest, stützt es aber nun auf eine neue naturphilosophische statt empirische Begründung, die den lebenden Organismus über die aktive Auseinandersetzung mit der Welt als notwendiges Kriterium für Leben bestimmt. Diese naturphilosophische Begründung ist nicht falsifizierbar und scheint den Interessen der Transplantationsmedizin geschuldet. Zweitens geben Studien mit fMRT und PET an hirntoten Patienten Anlass, an der Reliabilität der üblichen Hirntoddiagnostik zu zweifeln. Aus ethischen Gründen sollte eine Hirntoddiagnostik auf dem Stand der besten verfügbaren Technologie gesetzlich vorgeschrieben werden, also zumindest die Angiographie, in Zweifelsfällen auch fMRT oder PET.