Abstract
Anziehung und Abstoßung sind dank der Studien von Peter Schäfer und anderen Forschern längst als die formativen Kräfte hinter der Herausbildung der beiden Religionskulturen Judentum und Christentum erkannt. Diesem Kräftespiel zwischen Religionskulturen auch für die Genese des Islam nachzugehen, ist dagegen eine noch immer offene Herausforderung. Sie soll im Folgenden aufgegriffen werden. Dabei wird aber nicht, wie in der Islamwissenschaft und der ihr darin folgenden Theologie-Geschichte noch immer üblich, vom Koran als dem auktorial intendierten Werk Muhammads ausgegangen, noch auch von einem vorgefassten Projekt Muhammads, eine neue biblische Religion zu begründen, in die er folglich zentrale jüdische und christliche Elemente aufzunehmen hatte. Es ist vor allem der literarische Charakter des Koran selbst, der eine vorbedachte Abfassung durch einen Autor ausschließt.