Abstract
Wann immer über historische Vorbilder des Kommunitarismus gesprochen wird, fällt der Name des Aristoteles. Vor allem ist es Alasdair MacIntyre, der in seinem Buch After Virtue eine, wie er sagt, Aristotelische Tugendtheorie zu erneuern versucht. Tatsächlich bestehen gewisse Ähnlichkeiten zwischen der tugendtheoretischen Ausprägung des Kommunitarismus und Aristoteles’ praktischer Philosophie. Der vorliegende Text untersucht, ob diese Ähnlichkeiten einer genaueren Überprüfung standhalten. In wichtigen Hinsichten ergeben sich dabei einschneidende Unterschiede. Vor allem fällt es dem Kommunitarismus schwer, Aristoteles’ Berufung auf die menschliche Natur zu integrieren. Die Aristotelische Auffassung, jede Polis strebe nach einem gemeinsamen Gut, sieht der kommunitaristischen Theorie auf den ersten Blick ähnlich, doch zeigt sich auch hier, dass die Tugenden bei Aristoteles nicht ihrem Inhalt nach vom besonderen Gut verschiedener Gemeinschaften abhängig sind.