In Ralf Stoecker, Christian Neuhäuser & Marie-Luise Raters,
Handbuch Angewandte Ethik. Stuttgart: Verlag J.B. Metzler. pp. 113-120 (
2011)
Copy
BIBTEX
Abstract
Christliche Ethik hat nicht einfach das Eliteethos der Christen zum Gegenstand. Was sie im Diskurs der Angewandten Ethik als moralisch ausweist, sollen Christen wie Nichtchristen verstehen können. Für ihre profilierten Positionen in der Sozial- und Bioethik wie in der politischen Ethik nimmt sie diese allgemeine Nachvollziehbarkeit in Anspruch. Aber was die Christliche Ethik als Ethik autonom zu begründen sucht, ist ihr im Glauben auch schon autochton zugänglich. Darin liegt das genuin Christliche. Der Findungshorizont christlichen Glaubens birgt moralisch bedeutsame Verhaltensweisen, die nicht erst ihre universalistische Begründung abwarten müssen, ehe sie realisiert werden. Inhaltlich ist dieser Findungshorizont gefüllt von einem Menschenbild differenzierter Hochschätzung: obwohl Geschöpf unter Geschöpfen ist der Mensch als Gottes Ebenbild zum königlichen Verwalter der Schöpfung eingesetzt, obwohl in Sünde verstrickt hat er in Christus Anteil am Reich Gottes und ist ermächtigt zu einer Liebe, die nicht haltmachen muss vor bestimmten sozialen Grenzen.