Psyche 74 (12):975-1007 (
2020)
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Abstract
Der Autor schlägt zunächst eine prozessual-temporale Lesart von Nicolas Poussins zweitem »Arcadia«-Bild (1638–1640) vor, in der er die drei Hirten als Repräsentanten einer Figur in unterschiedlichen Phasen eines Prozesses der emotionalen Erfahrung der eigenen Endlichkeit/Sterblichkeit versteht. Ausgehend von Guercinos gleichnamigem Vorgängerbild wird dann Poussins Übergang von seinem ersten »Arcadia«-Bild (1629–1630) zu »Arcadia II« als Transformation dargestellt. Als zentral erweisen sich hier das Thema der bildinternen Präsenz des Todes und die doppelte Bedeutung der Kunst als Perseus-Schild im Hinblick auf dessen Darstellung: zugleich ermöglichender Blick auf den Schrecken und Distanzierung, psychoanalytisch formuliert: Abwehr. Im abschließenden dritten Teil wird Panofskys These referiert, dass »Arcadia II« der Ausgangspunkt für ein neuzeitliches »elegisches Empfinden« des Todes sei. Dies wird kulturpsychoanalytisch im Lichte von Freuds Konzeption der Ichspaltung als Stabilisierung der Abwehr des Todes interpretiert, der kognitiv gewusst und emotional verleugnet wird.