Abstract
John Stuart Mill wird häufig als prototypischer Vertreter eines „negativen Freiheitsbegriffs“ dargestellt. Eine solche Charakterisierung ist anachronistisch. Die Unterscheidung zwischen positiver und negativer Freiheit ist erst lange nach Mills Tod von Isaiah BerlinBerlin, Isaiah eingeführt worden. Durch Berlin ausgelöste Fragen begrifflicher Abgrenzung, die in der Politischen Philosophie der letzten fünfzig Jahre große Aufmerksamkeit erhalten haben (nicht zuletzt aufgrund der Unklarheiten in Berlins Distinktion), tauchen bei Mill nicht auf und – wichtiger noch – lassen sich auch nicht ohne weiteres auf ihn anwenden. Mill selbst bezieht sich in seinen politikphilosophischen Arbeiten auf Freiheit mittels gesellschaftstheoretischer Attribute. Er handelt von ‚bürgerlicher‘ (‚sozialer‘) und von ‚politischer‘ Freiheit. Wer frei leben möchte, braucht ihm zufolge beide Freiheiten.