Abstract
Zusammenfassung Fichte lehnte die zeitgenössische Geschichtswissenschaft aufgrund ihres empiristisch-zufälligen und politisch-affirmativen Charakters ab. Dennoch erhob er dezidiert die Forderung nach einer theoretisch basierten Sicht auf die Geschichte, um vermittels des spekulativen Konstrukts ‚Geschichte‘ in der Perspektive auf Zukünftiges die Handlungen der Individuen in ihrem sozialen Zusammenhang zu erklären und zu orientieren. Im Zentrum der Analyse der dabei entfalteten methodischen Aspekte steht zum einen die gegenüber Herder und Kant verstärkte Rolle des Subjekts. Zum anderen die im Epochenschema herausgearbeiteten Momente einer Dialektik des Geschichtsprozesses. Dieses Schema zeichnet sich gegenüber linearen Aufstiegsvorstellungen dadurch aus, dass die Stetigkeit zugunsten eines durch Diskontinuitäten charakterisierten Parabelmodells aufgegeben ist. Die geschichtsphilosophische Spekulation hat die Funktion, in der Geschichte vollzogene Brüche zu erklären und in einer Entwicklungsperspektive aufzuheben. Die Erklärung der Geschichte stellt sich damit nicht dar als eine Extrapolation aus vorangegangenen Ereignissen. Vielmehr bedingt die Sicht auf das theoretisch als normativ entwickelte Zukünftige die Sicht auf die Geschichte.