Abstract
Es gibt also einen Neu-Fichteanismus. Nun, worin besteht er? Denn die deutliche Zunahme der Anwesenheit Fichtes in der Literatur, so beträchtlich sie auch sein mag, reicht nicht, um einen Begriff zu prägen. Lübbe stellt fest: »Zwischen 1890 und 1900 gibt es zu Fichtes Rechts- und Sozialphilosophie kaum mehr als 10 bemerkenswerte Titel. Zwischen 1900 und 1920 sind es gegen 200«. Das ist zwar viel, aber nicht sehr bedeutsam. Wenn wir die Rolle unserer wissenschaftlichen Veröffentlichungen im Leben einer Kulturgesellschaft relativieren, dann entdecken wir, daß die Angaben, die Klaus Christian Köhnke in seiner Arbeit »Philosophische Begriffe in wissenschaftsinterner und -externer Kommunikation. Am Beispiel der Fichte-Festreden des Jahres 1862« vorstellt, viel entscheidender sind. Dort lesen wir nämlich, daß obwohl 1862 keine Monographie über Fichte verfaßt wurde, doch etwas viel Wichtigeres geschah: jenes Jahr stellte einen Wandel in den Beziehungen zwischen Philosophie, Universität und Gesellschaft dar. Diese Veränderungen bringen uns auf die Spur, um begriffliche Transformationen einschätzen zu können. Köhnke faßt wie folgt zusammen