Abstract
Die Einwände, die sich hinsichtlich der Weltprobleme gegen die Philosophie richten, sind vor allem, dass sie in ihrer Ausrichtung auf die eigenen Themen die Gegenwartsprobleme nicht zur Kenntnis nimmt, oder dass ihre Begrifflichkeit zu abstrakt ist, um der Komplexität der Wirklichkeit zu genügen. Aus diesen Gründen wird von der Philosophie ein Realitätsbezug und der Kontakt mit der Gegenwart gefordert, um zur Lösung der Weltprobleme beizutragen. Im Unterschied zu diesen Einwänden behandelt der Beitrag die Frage, ob die Philosophie selbst als ein Weltproblem beurteilt werden kann. Hierfür scheinen drei Grundannahmen erforderlich zu sein: 1. der "Motor" der gegenwärtigen Globalisierungsprozesse ist die westliche Kultur, die sowohl auf den modernen Naturwissenschaften als auch auf der Idee der Menschenrechte gegründet ist. Sie erzeugt zum einen durch ihre Dynamik Probleme als Weltprobleme und definiert zum anderen, was als Weltproblem zu betrachten ist. - 2. Die Philosophie ist das geistige Fundament und der ideelle Ausdruck der westlichen Kultur. Versteht man unter "Philosophie" die institutionalisierte Praxis des Reflektierens und Begründens, die ihren Maßstab an der Rationalität hat, so ist sie hinsichtlich ihrer Genese und ihrer Geltung untrennbar mit der westlichen Kultur verbunden. - 3. Die Praxis der Philosophie, ihre Standards auf Prinzipien der Rationalität zu gründen, stimmt nicht mit den Bedingungen und Strukturen des irdischen Lebens überein. Diese Annahme widerspricht sowohl einer idealistischen Ontologie, die die natürlichen Vorgänge in rationalen Strukturen gegründet sieht, als auch einer materialistischen, die Begriffe und Theorien als Abbilder natürlicher Strukturen interpretiert. Unter diesen drei Bedingungen ist die Philosophie nicht nur mit den Weltproblemen konfrontiert, sondern muss selbst als ein Weltproblem angesehen werden.