De Gruyter (
2010)
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Abstract
In diesem Buch wird der Schwerpunkt auf jene Entwicklungen gelegt, die (teilweise kontroverse) Positionen vertreten, die immer noch zur Debatte stehen, die also ein Potential für die Zukunft haben. Die Festlegung auf das 20. Jh. ist nicht zu eng zu sehen. Es gibt einen gewissen Konsens, dass der posthum erschienen „Cours“ von de Saussure einen Anfangspunkt bildet. Die Biographie Saussures verweist uns aber in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts; deshalb setzt das erste Kapitel mit dieser Vorgeschichte ein. Die großen Einteilungen der „strukturalistischen Schulen“ sind auch Konsens. Ich habe die Valenzgrammatik von Tesnière gesondert behandelt und zwei Schulen des späten Strukturalismus: Greimas und Halliday in einem Kapitel behandelt. Auch Harris und sein Schüler Chomsky werden zusammen behandelt; bei beiden werden auch die kultur- und gesellschaftskritischen Arbeiten miteinbezogen. Waren diese Richtungen hauptsächlich an Fragen der Grammatik/Lexik mit Erweiterungen zum Text interessiert, so wird in einem separaten Kapitel die Soziolinguistik und Sprachkontaktforschung in ihrer jüngeren Entwicklung vorgestellt. Sie ist noch nicht abschließend zu beurteilen; ihre Höhepunkte lagen aber zwischen 1966 und 1980, weshalb dieses Kapitel zwischen die Transformationsgrammatik von Harris/Chomsky (grob ab 1950; Höhepunkt um 1970) und die Kognitive Grammatik von Lakoff/Langacker (ab 1980) eingeschoben wurde. Gerade bei Labov gibt es Annäherungsversuche aber auch Konflikte mit der generativen Grammatik; kognitive Aspekt bleiben aber marginal. Für des späte 20. Jahrhundert, das in seinen Wirkungen noch sehr präsent ist, war die Auswahl schwierig. Zwischen den Ansätzen von Chomsky und Lakoff, der sich in Lakoff (1987) gegen Chomsky und die Montague Grammatik absetzt, gibt es viele Zwischentöne (McCawley sprach einmal polemisch von
„one million grammars“). Ich gehe nur in Nebenbemerkungen und Fußnoten auf die Konstruktionsgrammatik und andere parallele Bewegungen ein (vgl. Wildgen 2008 für eine ausführliche Darstellung). In den Schlusskapiteln diskutiere ich drei weiter ausgreifende und deshalb zukunftsweisende Ansätze: Den Beitrag neurowissenschaftlicher Analysen und die Perspektiven evolutionstheoretischer (genetischer) Ergebnisse für die Sprachwissenschaft sowie das Potential einer (mathematisch fundierten) Selbstorganisationstheorie der Sprache für die Linguistik (des 21. Jh.s). Das das 20. Jh. Prägende Mathematisierung wird in einer kurzen Skizze im letzten Kapitel behandelt.