Abstract
In den Elementa juris naturalis behauptet Leibniz, dass es rational ist zu präsumieren, dass eine gegebene Handlung gerecht ist. Diese Behauptung scheint in Widerspruch zu seiner Auffassung zu stehen, dass das, was präsumiert wird, einfacher ist als sein Gegenteil. Nach Leibniz ist einfacher, was weniger Voraussetzungen hat als etwas anderes, wobei er zwischen logischen und ontologischen Voraussetzungen unterscheidet. Dieser Diskussionsbeitrag versucht zu zeigen, dass Voraussetzungen auf der ontologischen Ebene eine oft übersehene Rolle für die Präsumption der Gerechtigkeit einer Handlung spielen und dass sich der scheinbare Widerspruch auf dieser Ebene auflösen lässt. Nach Leibniz ist eine gerechte Handlung eine spezielle Art von Möglichkeit: eine Handlung, die für eine moralische Person möglich ist. Ihm zufolge hat aber ein mögliches Ereignis weniger ontologische Voraussetzungen als ein unmögliches Ereignis, weil die ontologischen Voraussetzungen eines möglichen Ereignisses ein Teil der Voraussetzungen eines unmöglichen Ereignisses sind. Die Präsumption zu Gunsten der Gerechtigkeit einer Handlung lässt sich als Spezialfall der Präsumption zu Gunsten der Möglichkeit eines Ereignisses auffassen