Abstract
Die Freiheit zu gehen ist offensichtlich nicht in allen gesellschaftlichen Kontexten durchgängig gegeben. Im militärischen Kontext endet sie spätestens dann, wenn man sich unerlaubt von der Truppe entfernt – in diesem Fall droht ggf. eine Freiheitsstrafe. Desertion bzw. Fahnenflucht ist bisher kaum philosophisch reflektiert worden. Dabei stellt sich durchaus die Frage, wie dieser Vorgang moralphilosophisch, aber auch aus der Perspektive der Politischen Philosophie zu bewerten ist. Die moralphilosophische Einschätzung hängt maßgeblich sowohl vom Kontext als auch von den Motiven des Akteurs ab und setzt eine differenzierte Fallunterscheidung voraus. Die entscheidende Frage im Zusammenhang der Politischen Philosophie ist, ob und ggf. aus welchen Gründen der Staat berechtigt ist, diese individuelle Entscheidung dadurch unterbinden zu wollen, dass er sie strafrechtlich verfolgt. Die hier vertretene These ist, dass die Freiwilligkeit des Eintritts ins Militär maßgeblich ist für die Berechtigung, den eigenmächtigen Austritt verhindern zu wollen. Am Beginn steht allerdings eine existenzphilosophische Betrachtung, die deutlich zu machen sucht, dass die Desertion als ein Akt der Freiheit dem Akteur grundsätzlich immer offen steht und diese Freiheit auf besonders nachdrückliche Weise demonstriert. Hintergrund der philosophischen Erörterung der Desertion ist die Erzählung „Die Kirschen der Freiheit“ von Alfred Andersch, in der alle drei Perspektiven angesprochen werden.