Abstract
‚Gemeinschaft‘ steht für eine dichte Form der Assoziation von Menschen – in normativer, kognitiver und emotionaler Hinsicht. Der Beitrag zeigt, dass das Konzept der Gemeinschaft bei Rawls eine wichtige Rolle spielt. Insbesondere legt Rawls darauf, dass eine wohlgeordnete Gesellschaft keine der nur ihre engen Eigeninteressen verfolgenden Individuen ist. Zwar lehnt Rawls organizistische Konzeptionen der Gesellschaft als Gemeinschaft ebenso ab wie die Idee, dass sie als eine freie Assoziation zu verstehen sei. Auch sei eine wohlgeordnete Gesellschaft keine Gemeinschaft auf der Grundlage einer gemeinsamen Konzeption des Guten. Dennoch verwirkliche sie in eminenter Weise gemeinschaftliche Werte. Als „soziale Einheit sozialer Einheiten“, die für eine Kongruenz des Rechten und des Guten sorgt, ermöglicht sie ihren Mitgliedern, in einer Fülle von gemeinsamen Aktivitäten und Assoziationsformen nach dem Guten zu streben und einander zu bereichern. Rawls’ gerechtigkeitstheoretische Überlegungen lassen sich als Versuch einer Aussöhnung von Individualismus und Gemeinschaftlichkeit interpretieren. Freilich sollten alternative Konzeptionen einer solchen Vermittlung ebenfalls Berücksichtigung finden.