Abstract
ZusammenfassungObwohl in neuerer Zeit das transzendentale Denken auch in der Ethik angewendet wird, fehlt selbst in der Kant‐Forschung eine genauere Untersuchung der Frage, wie sich das transzendentale Programm zu Kants eigener Intention einer praktischen Vernunftkritik verhält. Die folgenden Überlegungen zeigen erstens, dass das transzendentale Philosophieren nicht bloss in der Erkenntnis‐ und Gegenstandstheorie, sondern auch in der Theorie der Sittlichkeit sinnvoll ist. Sie erörtern zweitens, welche Elemente der Kritik der praktischen Vernunft tatsächlich auf die transzendentalen Fragestellung zurückgehen. Da wesentliche Teile der Kantischen Ethik das transzendentale Programm grundsätzlich sprengen, wird drittens Kants Idee einer vernunftkritischen Ethik entwickelt, um schliesslich jene Teile, die nicht durch den transzendentalen Ansatz erklärt werden können, vom Programm einer praktischen Vernunftkritik her zu verstehen. Die Abhandlung leistet zugleich einen Beitrag zur systematischen Ethik‐Diskussion. Denn sie zeigt, dass eine sachgerechte philosophische Ethik sich weder auf das analytische oder hermeneutische noch auf das transzendentale Programm festlegen lässt, vielmehr nur durch das Ineinandergreifen mehrerer Verfahren möglich wird.