Abstract
Evolutionswissenschaftliche Untersuchungen können unser Verständnis der Vorgeschichte der Moral vertiefen; insofern sind sie mit einer universalen Vernunftethik kompatibel. In diesem Aufsatz wird argumentiert, dass auch der normative Teil der Vernunftethik von der Evolutionstheorie lernen kann. Dafür wird zunächst gezeigt, dass es zur Vernünftigkeit von moralischen Normen gehört, langfristig umsetzbar zu sein. Da innerhalb der Kultur auch Moralsysteme in Konkurrenz zueinander stehen, müssen moralische Normen in der Lage sein, sich gegenüber alternativen Handlungsstrategien erfolgreich durchzusetzen. Die Evolutionstheorie gestattet nun, solche Eigenschaften zu identifizieren, die für die positive Selektion eines Systems von Handlungsnormen erforderlich sind. Auf der Grundlage dieses Wissens lassen sich die Vernunftnormen so artikulieren bzw. spezifizieren, dass sie Aussicht auf evolutionären Erfolg haben