Abstract
In der Moraltheorie ist der ethische Naturalismus umstritten. Seit der Zurückweisung eines metaethischen Naturalismus durch G.E. Moore galt es als ausgemacht, dass die Bedeutung von „gut“ nicht mit einem natürlichen Prädikat bestimmt werden kann. Trotz dieses Vorbehalts versuchen Aristotelikerinnen und Aristoteliker neuerlich wieder, Argumente des ethischen Naturalismus in die Erörterung der Moraltheorie einzuführen. In diesem Beitrag möchte ich dafür argumentieren, dass ein in der Aristotelischen Ethik angelegtes naturalistisches Argument zur Rechtfertigung einer Konzeption guten Lebens Berücksichtigung verdient. Dazu soll zunächst der Nachweis geführt werden, dass mit Aristoteles eine Konzeption der Gattungsidentität des Menschen entwickelt werden kann, die in der Aristotelischen Naturphilosophie ihre Grundlage hat. Dann wird erläutert, inwiefern die Deutung guten menschlichen Lebens als eines moralisch richtig orientierten Lebens auf die Vorstellungen der Gattungsidentität bezogen bleibt. Entgegen der Deutungen des Naturalismus als einer biologisch-wertenden Konzeption und entgegen den Ansätzen zu einem Verzicht auf eine ethische Ausdeutung des menschlichen Gedeihens wird eine perfektionistische Deutung des naturalistischen Arguments entwickelt. In moral philosophy, ethical naturalism is no longer accepted. Since G.E. Moore succeeded in rejecting metaethical naturalism, no one tries any more to define “good” with “natural terms”. Yet, recently, Aristotelians have tried to reintroduce ethical naturalism in moral theory. In this contribution I shall argue that ethical naturalism can be defended as an approach that helps identify the “good human life”. I shall first explore the notion of “species” in Aristotle’s natural philosophy as a theoretical background for explaining the notion of the human species. I shall then identify an argument that connects the idea of the human species with ideas about the good human life in a moral sense. Different from interpretations of naturalistic arguments in terms of an evaluative notion of a biological entity and different from an interpretation that reduces the notion of “human flourishing” to a political notion, I shall defend a version of ethical naturalism that deserves the name “ethical perfectionism”