Abstract
Die aktuelle philosophische Debatte darüber, was ein Leben zu einem sinnvollen Leben macht, wird gemeinhin vor dem Hintergrund einer werttheoretischen Auseinandersetzung innerhalb der übergreifenden Debatte um ein gutes Leben geführt. Ein sinnvolles Leben sei demnach grundsätzlich eines, in dem die Person bestimmten als wertvoll und daher sinnstiftend angesehenen Tätigkeiten nachgeht oder bestimmte zur Sinnstiftung geeignete Werte zu befördern sucht. In meinem Artikel widerspreche ich dieser werttheoretischen Engführung und gehe vielmehr von einer werttheoretisch neutralen Formulierung der Frage nach Sinn im Leben aus: Wie müssen Elemente im Leben einer Person beschaffen sein, damit sie für diese Person eine sinnstiftende Funktion zu entfalten vermögen und die Person daher zu dem begründeten Urteil gelangen kann, dass ihr Leben sinnvoll in dem Sinne ist, als es Sinn im Leben umfasst, wobei dieses Urteil grundsätzlich auch aus der Perspektive Dritter zugänglich und nachvollziehbar bzw. kritisierbar ist? In Auseinandersetzung vor allem mit Susan Wolfs Hybridtheorie eines sinnvollen Lebens argumentiere ich, dass sich die sinnstiftende Funktion von Elementen im Leben in erster Linie durch die soziale Einbettung des eigenen Handelns oder Lebens konstituiert und einsichtig machen lässt: Sinn im Leben konstituiert sich dann, wenn das eigene Handeln oder Leben im Ganzen erstens in einen sozialen Zusammenhang eingebettet ist und man auf diese Weise mit und für andere handelt bzw. lebt sowie einem zweitens diese Einbettung auch wichtig ist. Derart explizierte sinnstiftende Elemente im Leben sind zudem offen für Kritik. Nicht alle sinnstiftenden Elemente sind gleichermaßen wertvoll oder sollten im eigenen Leben und Handeln eine Rolle spielen und verfolgt werden. Dies mag sich aufgrund prudentieller Erwägungen aus der umfassenden Perspektive eines guten und gelungenen Lebens im Ganzen ergeben oder aus einer moralischen Perspektive, wenn die spezifische soziale Einbettung oder die dabei verfolgten Ziele moralisch zu kritisieren sind. Sind meine Überlegungen überzeugend, so sollte man dem werttheoretischen Mainstream der Debatte um Sinn im Leben daher ein gutes Stück weit kritischer gegenüberstehen.