Abstract
Verstoßen pränatale und präimplantive Selektion von Behinderten gegen das Diskriminierungsverbot? Die Antwort wird meist von der Frage nach dem Status des Embryos abhängig gemacht: Ist der Embryo Träger der Menschenwürde und des Rechts auf Leben, dann könne eine Entscheidung der Mutter gegen das Kind (soweit sie überhaupt gerechtfertigt werden kann) dem Diskriminierungsvorwurf nur entgehen, wenn sie nicht spezifisch im Blick auf den Behindertenstatus des Embryos fällt. Der vorliegende Beitrag 1. setzt nicht voraus, dass der Embryo kein Träger der Menschenwürde und des Rechts auf Leben ist; 2. argumentiert, dass der Mutter die Berücksichtigung des Behindertenstatus gleichwohl nicht vorgeworfen werden kann, da dergleichen im privaten Bereich auch sonst häufig berücksichtigt wird und es gute Gründe gibt, das nicht generell zu verbieten; 3. macht deutlich, dass der starke intuitive Widerstand speziell gegen die Präimplantationsdiagnostik in der deutschen öffentlichen Debatte in etwas anderem als der Sorge um die Rechte der verworfenen Embryonen wurzelt und dass eine dementsprechende Umorientierung der Debatte dringend erforderlich ist.