Verlag Vittorio Klostermann (
1999)
Copy
BIBTEX
Abstract
In seiner Jugendzeit hegt Savigny (1779-1861), von dem man sagt, er habe schon als Zwanzigjahriger asein ganzes kunftiLeben gleichsam vorahnend festgelegt, den Wunsch, aein Kant der Rechtsgelehrsamkeit zu werden. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Zeugnisse, denen sich entnehmen lasst, dass Savigny massgeblichen Werken Kants, etwa dessen Moral- und Rechtslehre, ablehnend gegenuberstand. Ein Widerspruch? Die auf Kant folgenden Generationen der Goethezeit und Fruhromantik waren dessen apriorischen Gesetzgebungen vornehmlich distanziert, bisweilen sogar mit offener Zuruckweisung begegnet. Dagegen haben sie Kants Lehre von der reflektierenden Urteilskraft mit grosser Begeisterung aufgenommen. Man bemangelte allerdings, dass Kant den Anwendungsbereich der reflektierenden Urteilskraft auf die Asthetik beschrankt wissen wollte. Daher haben namhafte Autoren um die Wende zum 19. Jahrhundert die Forderung nach einer Erweiterung der Lehre vom Reflexionsurteil auf Gebiete ausserhalb der Asthetik, etwa auf Moral oder Politik, erhoben. Mit Bezeichnungen wie aanschauende Urteilskraft oder aintellectuale Anschauung suchte man den interdisziplinaren Charakter dieser Lehre zu erweisen. Auch der junge Savigny hat in dieser Zeit zahlreiche Versuche unternommen, ausserasthetische Probleme mit den Mitteln der Asthetik zu behandeln. In dieser Studie soll nun gezeigt werden, dass Savignys methodologisches Denken vor dem geistesgeschichtlichen Hintergrund einer Epoche zu verstehen ist, die an Kant anknupfte, um mit Kant uber die Grenzen hinauszugehen, die dieser zwischen den einzelnen Gebieten seiner Kritik des menschlichen Wissens errichtet hatte.