Abstract
Der Beitrag unternimmt eine gesellschaftstheoretische Verortung derjenigen Rezeptionslinie des foucaultschen Konzepts der Biopolitik, die sich mit Problemen der Biomedizin befasst, und fragt nach der gesellschaftlichen Funktion der Rezeptionslinie für das soziale Funktionssystem der Politik. Dafür werden die Arbeiten dieser Rezeptionslinie aus Sicht einer Theorie sozialer Systeme – entgegen ihrem kritischen Selbstverständnis – als semantisch anspruchsvolle und analytisch ausgerichtete Selbstbeschreibungen des politischen Systems im System selbst verstanden. Vor diesem Hintergrund bekommt deren politische Behandlung der Biomedizin eine andere Wendung. Wir können nun diese Arbeiten nicht mehr primär als kritische Prüfung biopolitischer und bioethischer Selbstverständlichkeiten verstehen, sondern müssen ihre gesellschaftliche Rolle darin sehen, der Biomedizin einen spezifisch politischen Sinn zu geben. In diesem Kontext analysiert vorliegender Beitrag die Form, in der die ausgewählten Arbeiten Biomedizin präsentieren. Das Postulat der radikalen Neuheit der biomedizinischen Verhältnisse erweist sich dabei als von zeitdiagnostischer Logik getragen. Eine genaue Prüfung der Problematisierung der Biomedizin im politikspezifischen Korridor von Macht und Entscheiden offenbart zudem, dass Biomedizin ein gesellschaftlich virulentes Thema ist, für das die Politik in letzter Instanz aber keine Lösungen anbieten kann. Abschließend werden Überlegungen darüber angestellt, warum das politische System in den Selbstbeschreibungen der Texte zur Biopolitik sich dabei beobachtet, wie es zugleich die Arbeit an Lösungen anzeigt, aber selbst keine Möglichkeiten zur Lösung des Problems Biomedizin sieht.