Abstract
Der Beitrag schlägt eine affekttheoretische Erweiterung des foucaultschen Zugangs zu Biopolitik vor. Er vertritt die These, dass in den letzten Jahren, insbesondere im Feld der Terrorbekämpfung, verstärkt eine neue Form von Biopolitik in Erscheinung tritt, die mit dem Begriff einer Affektpolitik der Angst gefasst werden kann. Diese zielt auf die Bevölkerung als affektiv reagierender Kollektivkörper und operiert über die Konstruktion einer diffusen, nicht eingrenzbaren Bedrohungslage, die als Anlass und Legitimation für präemptive Interventionen fungiert. Von den von Foucault untersuchten biopolitischen Regulierungstechnologien und Sicherheitsarrangements unterscheidet sich die Affektpolitik der Angst in dreierlei Hinsicht: Die Macht wirkt nicht primär normalisierend, sondern sie konstituiert sich über das Herstellen punktueller Ausgleichsakte, die immer neue Interventionen erfordern. Der affective fact bezieht sich seiner Logik nach auf eine gefühlte Bedrohung, auf etwas, was vielleicht in Zukunft geschehen sein wird. Dies führt zu einem neuen Zeitregime: Das Potenzial wirkt in die Gestaltung der Gegenwart hinein. Zudem zeigt sich die Konstruktion einer neuen Natur, die eine Biopolitik der Angst als Umwelttechnik erscheinen lässt. Sie macht die Störanfälligkeit komplexer Systeme im Modus der Präemption handhabbar.