Abstract
In der Zeit des Nationalsozialismus gehörte Max Bense zu jenen in Deutschland verbliebenen Intellektuellen, die publizistisch und journalistisch hoch aktiv waren und zu zahlreichen aktuellen Debatten Stellung bezogen, dabei aber weder dem Widerstand noch der Kollaboration eindeutig zuzurechnen sind. Akkommodation an den Zeitgeist findet sich in seinen Texten ebenso wie der nur wenig verklausulierte Widerspruch gegen bestimmte NS-Ideologeme. Am Beispiel einer textnahen Lektüre von Benses 1938 erschienenem Buch Die abendländische Leidenschaft oder Zur Kritik der Existenz, einem hermetisch-essayistischen Kommentar auf die Stellung des Philosophen im NS-Regime, legt der Aufsatz dar, wie Bense diese Positionen mit dem Verfahren einer für ihn typischen „Rhetorik der strategischen Offenheit“ vermittelte. Dieses Verfahren wird u. a. im Rückgriff auf teils unveröffentlichte Korrespondenzen aus dem Nachlass Benses als eine spezifische Form esoterischen Schreibens rekonstruiert, mit der Bense sich um eine elitäre, nonkonforme Gruppenbildung und -konsolidierung bemühte.