Abstract
Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert galt „das Theater“ Schiller folgend als „moralische Anstalt“, als Erziehungsinstitution; neben dem Bühnengeschehen waren auch die Bühnenmitglieder, deren Lebensgestaltung intensiver Beobachtung ausgesetzt und sahen sich mit regelmäßiger, teils massiver Kritik konfrontiert. Künstler*innen waren bejubelte und angehimmelte Vorbilder und riefen ob dieser Vorbildfunktion Entsetzen hervor. Auch innerhalb der Berufsgruppe trugen Vorbilder ambivalenten Charakter. Schauspieler*innen empfanden es als Last, mit anderen, vergangenen Größen verglichen zu werden – und waren stolz darauf, Teil einer imaginierten Reihe von berühmten Kolleg*innen zu sein. Im vorliegenden Artikel wird der Frage nachgegangen, wer als Vorbild diente und wer umgekehrt als Negativfolie erwünschten Verhaltens betrachtet wurde. Die These ist, dass das intersektionale (interdependente) Zusammenwirken verschiedener Differenzkategorien von entscheidender Relevanz war.