In Elisabeth Décultot & Jana Kittelmann,
Gelebte Aufklärung. Basel: Schwabe Verlag. pp. 251-268 (
2024)
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Abstract
Als Schaltstelle von Kunstbeurteilung und ethisch-politischer Orientierung formt der Geschmack das Denken, Fühlen und Handeln von Menschen, so dass die Bildung des Geschmacks neben individuellem Wohlgefallen an Kunstwerken eben auch ethische und politische Entscheidungen festlegt. Das theoretische Fundament dieser – einerseits ideologisch durchaus anfälligen, andererseits für die Gründung einer Gesellschaft unumgänglichen – Geschmacksbildung erarbeitet Johann Georg Sulzer zugleich von der Warte der Ästhetik wie auch der Pädagogik. Anhand seiner Schrift "Gedanken über die beste Art die claßische Schriften der Alten mit der Jugend zu lesen" (1765/31784) ist es möglich, zu verstehen, wie Sulzer nicht nur das ethisch-ästhetische Profil der Geschmacksbildung erschliesst, sondern zudem gezielt institutionell einbettet. Die Verbindung von Ästhetik und Pädagogik vollzieht sich deshalb gleichzeitig auf einer theoretischen Ebene und auf einem praktischen Feld der historisch und politisch vorgegebenen Bildungsinstitutionen. Denn eine theoretisch ausgerichtete Ästhetik lässt sich bei ihm nicht von einer praktisch verankerten Pädagogik abstrahieren.