Teilhabe und Empowerment. Teilhabe versus Empowerment? Inklusive Gesellschaft als Kulturaufgabe
Juridikum 2015 (3):281-290 (
2015)
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Abstract
Spätestens seit 2006 das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) verabschiedet wurde, befinden sich die Unter-
zeichnerstaaten dem Anspruch nach inmitten einer tiefgreifenden Transformation. Auf
dem Weg in eine inklusive Gesellschaft gilt es, rechtliche und institutionelle Hürden zu
beseitigen, im Wortsinne barrierefreie öffentliche und private – auch virtuelle – Räume
zu gestalten, aber auch emotionale und identitätsbezogene Hindernisse aus dem Weg
zu räumen. In diesem Beitrag werde ich die normativen Grundlagen der Inklusion von
Menschen mit Behinderungen beleuchten. Der Normativitätsbegriff ist dabei ein weit
gefasster, der sich nicht auf die Untersuchung rechtlicher Regelungen oder rechtspoliti-
sche Erwägungen beschränkt. Die zugrundeliegende Annahme lautet: Während das
Thema „Menschen mit Behinderungen“ zunehmend an gesellschaftlicher und ange-
wandt-wissenschaftlicher Relevanz gewinnt, bleiben die anthropologischen und evalua-
tiven (ethisch-normativen) Grundlagen weitgehend unbeachtet und ungeklärt. Ich wer-
de aufzeigen, warum sich ein Blick auf diese Fragen auch in anwendungs- bzw praxis-
orientierter Perspektive lohnt. Wenn die Widersprüche und Spannungsverhältnisse,
in denen sich etwa die Zieldimensionen der UN-BRK befinden, offengelegt werden, lassen
sich differenzierte politische und rechtliche Strategien entwickeln, die der Inklusion von
Menschen mit Behinderungen dienen, aber nicht widersprüchlich, ungerecht oder un-
verhältnismäßig sind.