Abstract
Im Zentrum steht Horst-Eberhard Richters Konzept der Leidensabwehr, das er aus einer psychoanalytisch fundierten Kritik der modernen Fortschritts- und Technikgläubigkeit ableitet. Historisch war diese als Kompensation für den Verlust der Sicherheit spendenden Gotteskindschaft beim Ausgang aus dem Mittelalter entstanden. Sie manifestierte sich in einem Ohnmacht-Allmacht-Komplex, den Richter „Gotteskomplex“ nennt. Nachgezeichnet werden die biographischen Hintergründe, insbesondere die Kriegserlebnisse, die Ermordung beider Eltern und die psychosomatischen Erkrankungen des Autors, die dazu führten, dass er – aus dem Zweiten Weltkrieg heimkommend – als Student der Medizin eine philosophische Dissertation über den Schmerz verfasste. In der Leidensfähigkeit und der Fähigkeit des Krank-sein-Könnens drückt sich ein Bewusstsein der anthropologischen Vulnerabilität aus, das Richters Menschenbild charakterisiert.