Abstract
In dem Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie der Widerstreit zwischen mimesis und methexis eine – so die These – ›atopische Differenz‹ hervorbringt, die den Sinn des Gegenstandes zu einer fortwährenden Bildung zwingt, einen Sinn, der sich weder vollständig erhellen noch in bestehenden Begrifflichkeiten erfassen lässt, sondern sich eher in sinnlichen Erfahrung ausdrückt. Der Begriff der Atopie bedeutet nach Franco Rella , außerhalb unseres Platzes bzw. der Grenzen unserer wahrnehmungsmäßigen und kognitiven Gewohnheiten zu sein. Die hier vorgeschlagene atopische Differenz – eine Differenz, die sich in keinem eigenen Ort bzw. topos idios im Sinne Aristoteles verankern lässt – wandert zwischen dem Abbild und dem Trugbild und entzieht sich unseren Gewohnheiten und übernommenen Begriffen.
Um die Voraussetzungen der Repräsentation, wie sie von Platon benannt werden, aufzudecken, soll in einem ersten Schritt das Verhältnis zwischen Urbild und Abbild im Denken Platons vorgestellt werden. Anschließend wird auf Gilles Deleuze’ Schriften Differenz und Wiederholung und Logik des Sinns eingegangen, die die Grundbausteine für eine moderne Aufwertung der mimetischen Praktiken liefern. Der französische Philosoph hebt die Produktion von Trugbildern als eine »Umkehrung des Platonismus« hervor, denn diese reproduzieren nicht mehr das Urbild. In einem dritten Schritt werden die Eigenschaften der Trugbilder anhand der Gemälde des englischen Malers Francis Bacon näher bestimmt. Zum Schluss wird die ›atopische Differenz‹ in ihrer Entstehungsmöglichkeit und ihrer Tragweite näher beleuchtet. Es wird sich herausstellen, dass die Umkehrung des Platonismus nicht nur eine Produktion des Trugbildes ist, sondern auch einen sinnlichen Überschuss verursacht, der sich jeder wesentlichen Bestimmung widersetzt, unlokalisierbar bleibt und die Betrachter affiziert.