Abstract
Obwohl die soziologische Suche nach dem, was die Gesellschaft im Inneren zusammenhält, schon immer ein Auge auf die Moral richtete, entdeckt die Wissenschaft das Moralische gerade wieder neu. In Rückgriff auf die Arbeiten von Émile Durkheim, Niklas Luhmann sowie von Jörg Bergmann und Thomas Luckmann wird eine Soziologie der Moral vorgeschlagen, die auch angesichts funktionaler Alternativen, die der Moral in modernen Gesellschaften vermeintlich den Rang abgelaufen haben, leistungsfähig bleibt. Weil aber die Moral in einer primär funktional ausdifferenzierten Gesellschaft nur eine Ordnungskraft unter anderen ist und nicht länger davon ausgegangen werden kann, dass sie eine universale Motivationsstruktur hervorbringt, bedarf eine sozialtheoretisch fundierte und gesellschaftstheoretisch sensible Moralanalyse eine entsprechende Perspektive. Der hier vorgeschlagene Fokus auf die Konkurrenz moralischer Kollektive und ihre Entfaltung im Verhältnis zu anderen Normativen soll dazu beitragen, eine ebensolche Perspektive voranzutreiben.