„Wir Hexen“. Wissenskriege, Erfahrung und Spiritualität in der Frauenbewegung während der 1970er Jahre

NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 31 (2):171-199 (2023)
  Copy   BIBTEX

Abstract

ZusammenfassungIn den 1970er Jahren eigneten sich feministische Aktivistinnen die Figur der Hexe in verschiedenen Kontexten und Konstruktionen an: als Symbol für Alterität, politischen Radikalismus oder politische Revolte, Repräsentation des verfolgten Opfers oder der alternativen Heilerin, die über subversives Körperwissen verfügt. Der Artikel untersucht diese Hexenkonstruktionen mit dem Fokus auf ihren Erfahrungsgrundlagen, wobei er sich auf Aneignungen in Westeuropa und insbesondere Westdeutschland in seinen transatlantischen Verflechtungen konzentriert. In einem ersten Abschnitt wird zunächst ein kurzer Überblick über exemplarische Hexendiskurse in den 1970er Jahren in radikalfeministischen, gesundheitspolitischen und künstlerischen Milieus gegeben auf der Grundlage einer Auswertung repräsentativer westeuropäischen Zeitschriften und Gesundheitsliteratur. Der Artikel hebt die Vielfalt der Hexenbilder und ihre erkenntnistheoretischen Zusammenhänge hervor und argumentiert, dass, so unterschiedlich diese Ansätze auch erscheinen mögen, sie alle Differenzmuster konstruierten. Daran anschließend werden im zweiten Abschnitt alternative Praktiken der Wissensproduktion analysiert mit einem Schwerpunkt auf Gesundheitsratgebern und consciousness raising groups. Es wird gezeigt, wie Hexendiskurse einerseits die Wissensermächtigung der Bewegung ermöglichten, andererseits aber Teil einer komplexen Grenzarbeit innerhalb der Milieus waren, etwa in den Debatten über das Verhältnis von Erfahrungswissen und Theorie. Der letzte Abschnitt des Artikels erweitert das Bild und verweist darauf, wie eng und auf welche Weise Spiritualität mit dieser Grenzarbeit verbunden war. Es wird diskutiert, wie diese Milieus sich im Rahmen feministischer Epistemologien gegen und innerhalb etablierter Wissenskulturen konstituierten und damit weitere Grenzen innerhalb der Bewegung gezogen wurden. Insgesamt demonstriert der Artikel mit dieser Analyse der „Evidenz der Erfahrung“ (Scott) in exemplarischen Hexendiskursen, dass deren historische Relevanz zunächst in ihrem standpunktbildenden Charakter lag.

Other Versions

No versions found

Links

PhilArchive



    Upload a copy of this work     Papers currently archived: 100,865

External links

Setup an account with your affiliations in order to access resources via your University's proxy server

Through your library

Similar books and articles

Die technopolitische Konstruktion eines Flussbeckens: Begegnungen und Abenteuer der Türkei mit der „TVA-Idee“.Aybike Alkan - 2023 - NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 31 (2):111-142.
Kausalität, Evidenz und Subjektivität: Paul Martinis Methodenkritik der Psychosomatischen Medizin.Hans-Georg Hofer - 2021 - NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 29 (4):387-416.
Geschlechternormen und Expertise.Marcus B. Carrier - 2017 - NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 25 (2):211-236.
Der Eros der Straße.Philipp Kleinmichel & Veronika Zink - 2018 - In Thomas Linpinsel & Il-Tschung Lim (eds.), Gleichheit, Politik Und Polizei: Jacques Rancière Und Die Sozialwissenschaften. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. pp. 275-294.

Analytics

Added to PP
2023-06-17

Downloads
39 (#575,001)

6 months
12 (#290,681)

Historical graph of downloads
How can I increase my downloads?