Abstract
Zusammenfassung Unter der Herrschaft des Römischen Reiches lebten religiöse Gruppen und verschiedene Traditionen neben- und miteinander, ohne dass ein theoretischer Diskurs über Religionsfreiheit geführt werden musste: Religiöse Pluralität gehört zur Normalität der antiken Mittelmeerwelt. Die religiöse Nachbarschaft verändert sich dramatisch mit der Ausbreitung des Christentums. Die neue Religion als eine monotheistische und exklusivistische Religion mit universalem Anspruch vertrug sich nicht mit den traditionellen Praktiken der griechisch- römischen Welt und stand im Konflikt mit den religiösen Erfordernissen des Römischen Staates. Die Verfolgungen verlangten umfassend apologetische Texte zur Verteidigung gegen die pagane Kritik. Sie forderten für ihre Legitimität die allgemeine Religionsfreiheit. Tertullian verlangt sie um 200 n. Chr. als natürliches Recht jedes Individuums. In seiner Argumentationslinie entwickelten die lateinischen Apologeten das Argument weiter gegen religiösen Zwang und für die Überzeugung. Das sog. Mailänder Edikt Konstantins und andere Toleranzedikte am Ende der Tetrarchie stehen in dieser Linie des Diskurses. Der vorliegende Aufsatz untersucht die Entstehung und frühe Entwicklung des christlichen Diskurses über Toleranz und seinen apologetischen und polemischen Kontext sowie seine Auswirkung auf die Rhetorik der Gesetzestexte, die das Ende der Verfolgungen begründen.