Abstract
Angesichts der Zunahme chronischer Erkrankungen erscheint es geboten, vermehrt auf Präventionsmaßnahmen zurückzugreifen, die den Einzelnen zu einer gesundheitsfördernden Lebensweise anhalten und exogene gesundheitsschädigende Einflüsse reduzieren. Dabei ergeben sich zwei ethische Problemkonstellationen: 1) Welche Einschränkungen der Entscheidungsautonomie des Einzelnen sind gerechtfertigt, um bestimmte Präventionsziele zu erreichen? 2) Welche Verantwortung kann und soll der Einzelne für seine Gesundheit tragen? Fünf ethische Anforderungen sind an jede Präventionsmaßnahme zu stellen: 1) nachgewiesene Wirksamkeit, 2) günstiges Kosten-Nutzen-Profil, 3) akzeptables Kosten-Nutzen-Verhältnis, 4) möglichst geringe Restriktivität und 5) faire Entscheidungsverfahren. Je nachdem, wie weit diese Anforderungen erfüllt sind, lässt sich eine unterschiedlich starke Beeinflussung der individuellen Entscheidungsautonomie rechtfertigen. Anstatt den Einzelnen für gesundheitsschädigendes Verhalten retrospektiv zu bestrafen, sollte er – im Sinne einer Stärkung der Gesundheitsmündigkeit – prospektiv in die Lage versetzt werden, Sorge für seine eigene Gesundheit zu tragen.