Abstract
Von verschiedenen Seiten her sind Versuche unternommen, Wittgensteins Tractates transzendental philosophisch und im besondern kantisch zu interpretieren. Es wird hier eine Beurteilung dieser Versuchen gegeben, ausgehend von der Gedanke, dass Wittgenstein eine Schlüsselstellung zukommen könnte zwischen die kontinentale und die angelsaksische Tradition in der Philosophie. A. Maslow war der erste der Wittgensteins Frühwerk im kantischen Perspektiv sah. Wittgensteins Sprachformen sind ihm die transzendentale Formen Kants. E. Stenius spricht von Wittgensteins transzentalen Deduktionen, aber er versäumt es, sie in Zusammenhang mit der Theorie der sprachlichen Abbildung zu bringen. K.-O. Apel und W. Schulz benachdrücken die Reflexionslosigkeit von Wittgensteins Sprachauffassung, aber der erste charakterisiert Wittgenstein als undialektischer Transzendentalphilosoph, während Schulz dem Tractatus jeden Transzendentalismus abspricht. Im vorliegenden Aufsatze wird erstens behauptet, dass Wittgensteins transzendentale Deduktion in seiner Abbildungstheorie enthalten ist, und zweitens, dass er mit seiner Selbstdestruktion dialektischer als die Dialektiker vorgeht. Die Herausforderung Wittgensteins an das transzendentalphilosophische Denken ist, dass er als Resultat seines eigenen Versuches, transzendentalphilosophisch zu arbeiten, die notwendige Metaphorik, die Quasi-Empirik und die Inadequatheit der transzendentalphilosophischen Sprache von innen her klar vor Augen stellt