Abstract
Es ist weitgehend anerkannt, dass sich Leibniz' praktische Philosophie fest auf teleologische Prinzipien (Vollkommenheit, Glückseligkeit), affektive Faktoren (Freude, Liebe) wie auch intellektuelle Tugenden (Wissen, Weisheit) gründet. Tatsächlich definiert Leibniz Weisheit als „die Wissenschaft von der Glückseligkeit" und Gerechtigkeit letztlich als „die Liebe des Wissenden" (caritas sapientis). Jedoch argumentiere ich in dieser Arbeit, dass Leibniz' praktische Philosophie auf die deontologischen Kategorien von Recht (ius) und Verpflichtung (obligatio) gegründet ist. Diese Kategorien, eingeführt in einer der frühesten Arbeiten von Leibniz, den Nova Methodus Discendae Docendaeque Jurisprudentiae (1667), bezeichnen die moralischen Qualitäten einer rationalen Substanz, d. h. die moralische Möglichkeit und Notwendigkeit einer Person, gerecht zu handeln. Von dieser a-priori-Begründung leitet Leibniz materielle und gesetzliche Rechte und Verpflichtungen, seine bekannten drei Regeln des Rechten wie auch das Wesen der „Allgemeinen Nützlichkeit" ab. Im Wesentlichen bezeichnen die deontologischen Kategorien die Selbst-Begrenzung der Freiheit einer Person, d. h. ihre innere Fähigkeit, ihre Ziele vereinbar mit und nutzbringend für alle anderen rationalen Wesen zu machen. Ich werde zeigen, dass Leibniz' viel spätere teleologische Prinzipien ohne diese, wenig beachtete deontische Begründung nicht richtig verstanden werden