Abstract
Unter den Menschenrechten findet sich das Recht eines jeden, den Staat zu verlassen, in dem man geboren ist oder sich gerade aufhält. In jüngerer Zeit wird insbesondere unter Verweis auf verheerende Effekte eines Brain-Drain insbesondere für ärmere Staaten die Frage diskutiert, ob Staaten dennoch das Recht haben, direkte oder indirekte Maßnahmen zu ergreifen, um Personen an der Emigration zu hindern. Der vorliegende Beitrag analysiert die in diesem Kontext vorgebrachten Argumentationen für mögliche Grenzen eines Rechts auf Emigration und die Legitimation staatlicher Gegenmaßnahmen. Die meisten vorgeschlagenen direkten und indirekten Maßnahmen zur Abwehr eines normativ relevanten Brain-Drain werden dabei als Formen der Zwangsausübung als nicht rechtfertigbar zurückgewiesen: Der Brain-Drain ist als Folge gravierender globaler Ungerechtigkeiten einzuordnen, für die die Verantwortung nicht einzelnen Hochqualifizierten aus dem globalen Süden zugeschrieben werden kann, die die Gelegenheit nutzen, ihre individuelle Situation zu verbessern.