Abstract
In seinem Denkbild von der tastenden Hand des Kindes zieht Adorno mehrere Motive seiner Musikästhetik zu einer negativ-dialektischen Allegorie des musikalischen Kompositionsaktes zusammen. Diese bewegen sich im Spannungsfeld von kompositorischer Arbeit, künstlerischer Innovation und der verwickelten Beziehung von ›Möglichkeit‹ und ›Wirklichkeit‹ des musikalischen Materials. Das musikalisch Neue und die ästhetische Utopie des Neuen sind dabei durch einen unüberbrückbaren Abstand getrennt. Was auch immer die tastende Hand des Kindes auf der Klaviatur an neuen Klängen hervorbringen mag, entspringt einer bereits bestehenden Ordnung systematisch geregelter Tonabstände, die den Möglichkeitsraum dessen eröffnet, was auf der Klaviatur in musikalischer Hinsicht verwirklicht werden kann. Die »Möglichkeiten der Kombination« sind durch die Wirklichkeit der technischen Anordnung »beschränkt«: »[E]igentlich«, so Adorno, »steckt alles schon in der Klaviatur. « Mögliches bleibt Wirklichem unterworfen.