Psyche 79 (2):99-133 (
2025)
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Abstract
Ärztliches Handeln unterliegt gesellschaftspolitischem Wandel. Ziel der hier vorgelegten qualitativen Fallstudie war es, Folgen gesellschaftlicher Konflikte auf ärztliches Handeln zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden Gruppendiskussionen mit Ärzten zu ihren Erfahrungen mit Geflüchteten 2015/16 in Sachsen und Bayern durchgeführt und tiefenhermeneutisch ausgewertet. An den Ergebnissen wird gezeigt, dass sowohl die Verwaltung als auch die politische Kultur und das gesellschaftliche Umfeld eine Funktion für Ärzte übernehmen, die als »Containment« begriffen werden kann. Zudem ließ sich so herausarbeiten, welche Konsequenzen es für das ärztliche Handeln haben kann, wenn diese »Container«-Funktion im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen bedroht ist. Während in zwei sächsischen Gruppen der Zusammenbruch des »Containments« den Rückgriff auf primäre Abwehrmechanismen notwendig machte, konnten die Ärzte in der bayrischen Gruppe ihr »Containment« aufrechterhalten und sich weiterhin als selbstwirksam erleben.