Abstract
Zeami Motokiyo 世阿弥 元清 (1363–1443) gilt als Schöpfer des klassischen Nō-Theaters und war nicht nur ein herausragender Darsteller, sondern auch Autor vieler Stücke, die noch heute aufgeführt werden. Neben diesen Stücken hat Zeami aber auch theoretische Traktate zur Übungspraxis des Nō-Theaters verfasst, die über viele Jahrhunderte hinweg geheim überliefert wurden und als Anweisungen für seine Nachfolger gedacht waren. In diesen Traktaten reflektiert Zeami auf seine Kunst und stellt sie als einen Übungsweg nach buddhistischem Vorbild dar, als eine ästhetische, aber auch spirituelle Praxis, einen Lebensweg (道 dō, michi), der auf die Verkörperung grundlegender Prinzipien abzielt. Im Folgenden möchte ich vor allem anhand dieser theoretischen Schriften nachvollziehen, welche
Rolle der Ausdruck „von-selbst-so“ (自然 jinen, chin. zìrán) bzw. „von selbst“ (onozukara), der heutzutage als Übersetzung für den europäischen Natur-Begriff verwendet wird, in Zeamis Konzeption der leiblichen Übungspraxis spielt und dies mit Stellen aus anderen Schriften vergleichen. Zunächst werde ich aber in knapper Weise zurückverfolgen, was leibliche Praxis vor dem Hintergrund des Daoismus und des Zen-Buddhismus im Kontext der japanischen Übungswege bzw. Wegkünste bedeutet.